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11.02.02

Morgens um sieben ist das Hostel noch ganz ruhig, so dass ich in Ruhe frühstücken kann. Mein Sechsbettzimmer war nur mit zwei anderen Frauen besetzt. An der Rezeption wird es dann lustig, der Mann stellt fest, dass ich für die Rückgabe des Schlüssels ja 10 Dollar bekomme. Also ruft er eine Frau, damit sie die Kasse öffnet, daraufhin machen beide ein betrübtes Gesicht, anscheinend bietet die Kasse keine 10 Dollar mehr und sie fangen an auf spanisch zu diskutieren. Langsam sehe ich entweder meinen Zug oder mein Geld dahinschwinden. Aber nach einiger Überlegung fällt der Frau ein, dass sie ja selber 10 Dollar in ihrer Jackentasche hat, noch einmal Glück gehabt...
Dann begebe ich mich zur Union Station. Der Weg führt mich über viele Parkplätze, die am Tag vorher noch sehr verwaist waren, aber jetzt um kurz vor acht, füllen sie sich sehr schnell. In der Union Station steht eine Verspätung von einer Stunde für meinen Zug angeschlagen, da fühlt man sich wie in Deutschland. In der Mitte der Halle steht ein Tisch, und ein Absperrband, links ist die Reihe für Coaches, rechts für Sleepers. Davor steht schon jede Menge Gepäck und ich frage mich, warum. Ich pflanze mich mit meinem Rucksack auf einer der geräumigen Wartebänke (die Lehne geht noch über den Kopf hinaus und man fühlt sich schrecklich klein da drin) und warte. Eine Stunde später kommt der Zug tatsächlich und nun verstehe ich die Kofferansammlung vor dem Schalter. Anstatt nämlich selber in der Schlange zu stehen, haben die Amis einfach ihr Gepäck dorthin gestellt und sich gesetzt. Nun sind sie die ersten in der Schlange. Am Schalter angekommen, gebe ich mein Ticket ab und bekomme einen handgeschriebenen Zettel aufdem EMY steht, also Emeryville und ich bekomme einen Coach zugeteilt. Mit dem Zettel stelle ich mich dann in die nächste Schlange und warte um aufs Gleis gelassen zu werden. Was mir auffällt ist, dass die beiden Bahnangestellten sehr höflich waren und jedem genau erklärten, was er machen muss, hier kümmert sich wirklich jemand um einen.
Wenige Minuten später geht es dann los, kein großes Rennen, wie in Deutschland, sondern im Gänsemarsch, einer hinter dem anderen geht es durch den Bahnhof, irgendwie sind die Amis viel gemütlicher. Vor meinem Coach steht ein Attendant und heißt mich willkommen. Er sagt, wir sollen einfach einsteigen und uns irgendwo einen Platz suchen, hauptsache oben, denn unten ist für handicapped people reserviert. Oben angekommen versuche ich einen Platz zu finden, aber ich muss erst einmal rausfinden, welche schon besetzt sind. Direkt hinter mir ist der Attendant und hilft mir dabei. Selbst meinen großen Rucksack kann ich einfach irgendwo in die Ecke stellen. Nicht nur die Gepäckablage ist größer als in Deutschland, auch zwischen den Sitzen und am Ende des Wagens ist ewig viel Platz, so dass es kein Problem ist. Die junge Frau neben mir schlägt vor den Sitz zu tauschen, damit ich einen Fensterplatz bekomme, das Angebot nehme ich natürlich gerne an und mache es mir bequem. So viel Platz habe ich noch nie gesehen, probehalber strecke ich meine Arme und Beine nach vorne aus, aber es ist mir nicht möglich damit den nächsten Sitz zu erreichen. Ausserdem ist das Fenster neben mir so riesig, dass ich alles im Blick habe. Ganz langsam geht es aus der Union Station raus und durch Denver, ich habe das Gefühl, dass ich nebenher laufen kann und frage mich, ob es richtig war, in Amerika Zug zu fahren. Aber als wir die Stadt verlassen, nimmt der Zug Fahrt auf und wird schneller. Nach einer Stunde fangen wir langsam an zu steigen, hierzu fährt der Zug große S Kurven und bietet einen wundervollen Blick auf Denver und die Ebene. Kurz darauf fährt der Zug in einen Tunnel und 10 min später kommt man mitten in einem Skigebiet raus, ein wundervoller Anblick und der Schnee und die Berge werden die nächsten 24 h bestimmen.
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Am Nachmittag erreichen wir dann den Coloradoriver, dem wir hundert Meilen folgen. Es kommen Rentiere, Adler und Fische zu Gesicht. Dann passieren wir den ersten Canyon, der für Herrn Pullman der Anlass war, die Observation Cars zu erfinden. Aus diesem Wagen, in der Mitte des Zuges angebracht, zwischen Sleepers und Coaches, hat man eine wunderbare Aussicht. Die Fenster sind bis in die Wagendecke gezogen und die Sitze sind - schwenkbar - Richtung Fenster angebracht. Hier kann man manche Stunde fasziniert die Landschaft beobachten, Fotos schiessen und Mitreisende kennenlernen.
Die Amis sind immer zu Smalltalk bereit und dann entwickelt sich häufig ein längeres Gespräch. Störend kann dabei nur sein, dass zeitgleich abends ein oder mehrere Filme in der Sightseer-Lounge gezeigt werden, dann ist es schon einmal laut.
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Blick über den Zug
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Sonnenuntergang
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12.02.02

Im Laufe des Tages verlassen wir die Rocky Mountains und kommen in die Steppe, langsam holt uns die Zivilisation wieder ein, nach fast 24 h Einsamkeit fahren wir nun wieder durch Dörfer und Kleinstädte. Hierbei fällt mir auf, dass fast jede Stadt ihren eigenen Schrottplatz hat. Irgendwo müssen die Autos ja bleiben...
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Observationcar
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Während wir in Denver über eine Stunde Verspätung hatten, kommen wir sogar fast eine Stunde zu früh in Emeryville an. Dort steht schon der Bus bereit, der uns bis in die Innenstadt von San Francisco bringen soll. Nachdem alle eingestiegen sind, zählt der Fahrer die Stationen in SF auf und fragt, ob alles ok sein, er könnte auch die Heizung oder die Klimaanlage anstellen, wenn das gewünscht wird. Schon wieder überrumpelt mich die amerikanische und Amtrakeigene Höflich- und Zuvorkommenheit. Die Busfahrt ist beeindruckend. Während ich bisher nur "kleinere" Städte gesehen habe, geht es nun in 8 Spuren nach San Francisco. Ich frage mich, wo die Gegenrichtung auf der Brücke Platz hat. (Auf der Rückfahrt bekomme ich die Antwort, die Brücke hat zwei Stockwerke.) Den Sonnenuntergang erleben wir noch in Emeryville und San Francisco glänzt in der Dunkelheit mit seinen Bürogebäuden.
Ich verlasse den Bus an der ersten Station in San Francisco, am Ferry Building. Von dort sollen es nur ein paar Blöcke bis zu meinem Hostel sein. Die Dimensionen aus Boulder und Denver gewöhnt, laufe ich einfach drauf los, bis ich feststelle, dass die "Blöcke" in SF viel kleiner sind und ich schon viel zu weit gelaufen bin. Zurück drehe ich erst einmal eine Runde um den Block, denn das Hostel ist schlecht ausgeschildert, nur ein kleiner Klingelknopf weist darauf hin und mir wird gesagt, dass ich in den vierten Stock kommen soll. Dies ist leicht übertrieben, jeder Treppenabsatz wird als ein Stock gezählt, in Wahrheit sind es nur zwei. Oben angekommen wird mir gleich ein Tee angeboten, klasse Service:-)
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Sonnenuntergang, Pazifikküste
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13.02.02

Aus dem Hostel habe ich mir einen Prospekt "San Francisco zu Fuß" mitgenommen und früh morgens begebe ich mich auf den ersten Spaziergang durch Chinatown. Man glaubt wirklich in Asien zu sein, überall nur chinesische Gesichter und Marktstände, die allzu unbekannte Dinge verkaufen. Es ist noch vor 8 Uhr und trotzdem sind ziemlich viel Leben auf der Strasse. Mein Weg führt mich weiter zur Touristeninformation, wo ich mich weiter über SF informieren will. Doch die macht natürlich erst um 9 Uhr auf. Also bringe ich noch schnell den Rundgang duch die Innenstadt hinter mir. In der Tourist Information decke ich mich erst einmal mit einem Stadtplan und weiteren Prospekten ein, auch Coupons nehme ich mit, wer weiß, ob man sie nicht gebrauchen kann. An der Küste entlang gehe ich dann zum Fisherman's Wharf. Hier hört man schon von weitem die Seehunde heulen. Zum Zeitpunkt meines Besuches wurden ca. 300 Tiere gezählt, aber zu Spitzenzeiten sollen über 1000 Tiere in diesem kleinen Bereich leben! Ich frage mich, was sie veranlasst, mitten im Hafen zu leben, aber vermutlich werden sie gut gefüttert? Die Golden Gate Bridge sieht zum Greifen nahe aus, obwohl mir mein Stadtplan sagt, dass es wohl eine Stunde dauern wird, bis ich da bin. Aber auch der einsetzende Nieselregen bringt mich nicht von meinem Vorhaben ab, schliesslich ist es die Sehenswürdigkeit in SF.
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nächtliche Ankuft
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Chinatown
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Chinatown
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Pier 39
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Pier 39
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Zunächst führt der Weg über Fort Mason, wo eine der Jugendherbergen SF liegt. Ich bin froh, nicht hier untergekommen zu sein, denn sie liegt schon etwas entfernt und einsam, im dunkeln hätte ich die bestimmt nicht gefunden. Dann geht es am Yacht-Hafen entlang und zum Schluss am Strand. Hier begegne ich sehr vielen Joggern, aber auch anderen Fußgängern, die auf dem Weg zur Brücke sind. Kurz vor der Brücke wird es anstrengend, es geht steil bergauf und der Weg wird gerade neu angelegt, d.h. er ist ziemlich uneben, sowie matschig und die Nässe führt dazu, dass man sich gut festhalten muss, wenn man sich nicht langlegen will. Oben auf der Brücke ist es ziemlich kalt und nass, der Wind weht heftig, daher beschliesse ich dass es reicht bis zur Mitte zu gehen. Unter mir fährt eine Fähre lang und im Schlepptau versucht ein Seehund Schritt zu halten, schafft es aber nicht ganz...
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Golden Gate Bridge
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Golden Gate Bridge
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Golden Gate Bridge
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Auf dem Rückweg kann ich mich nicht entscheiden, ob ich lieber von außen oder innen nass werden will. Es regnet immer noch, aber gleichzeitig ist es sehr warm. Langsam begreife ich, was mein Reiseführer meinte, als er davon sprach, dass San Francisco auf sieben Hügel gebaut ist, die Straßen verlaufen alle senkrecht zu einander, egal ob es bergauf oder bergab geht. Der vermeintlich kürzeste Weg beinhaltet daher ziemlich viele Höhenmeter. Trotzdem lasse ich es mir nicht nehmen die Lombard Street hochzulaufen, gut dass ich die nicht mit dem Auto fahren muss... Von dort muss man nur den Cable Car Verlauf folgen um zum gleichnamigen Museeum zu kommen. Hier sieht man, wie die Cable Cars funktionieren und hat einen Einblick in die vier Drahtseile (für jede Strecke eines), die die Wagen die Straßen rauf und runter ziehen. Alle vier Tage müssen die Gummis in den Wagen ausgetauscht werden und alle 100 Tage ist ein neues Seil fällig. Langsam wird es dunkel und ich mache mich auf die Suche nach dem Supermarkt, den ich am Vorabend gesehen habe. Beim Anblick der Preise frage ich mich, wie die Amis sich ernähren, für eine Packung Spaghetti, ein Glas Tomatensosse, 6 Bagels und einen Joghurt werde ich 10 Dollar los...
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im Hintergrund:
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Lombard Street
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Lombard Street
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Lombard Street
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14.02.02

Ich habe noch zwei Rundgänge in meinem Prospekt, die ich morgens absolviere, der eine führt mich zu Telegraphen Hill. In einem Park und auf dem Hügel gibt es nur sportliche Leute: Jogger, Thai-Chi, Aerobic, ... einfach alles und alle treiben ihren Sport friedlich nebeneinander. Dabei sind auch erstaunlich viele ältere Leute, vor allem Asiaten. Der Turm auf dem Telegraphen Hill öffnet natürlich auch erst um 10 Uhr, so dass ich mich entschliesse zur Market Street zu gehen und einmal mt der Cable Car bis zum Fisherman's Wharf zu fahren.
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Alcatraz
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Dort angekommen kaufe ich mir eine Fahrkarte nach Alcatraz. Entgegen aller Informationen in den Reiseführern besteht keine Wartezeit und eine halbe Stunde später kann ich schon übersetzen. Vorher kommt natürlich das obligatorische Foto, was anschließend für 10 Bucks verkauft wird und das sogar erstaunlicherweise sehr gut, als ich zurückkomme, hängt mein Foto fast alleine da...
Alcatraz ist im Besitz des National Park Service und daher gibt es gleich nach der Ankunft auf der Insel eine kurze Belehrung, dass man weder Rauchen noch Essen darf auf der Insel mit Ausnahme des Hafenbereiches und merkwürdigerweise scheinen sich auch alle auf der Insel daran zu halten. Ich habe Glück und komme gerade rechtzeitig zu einer Rangerführung die das letzte Jahrhundert der Insel zusammenfasst. So brauche ich mir gar keinen Führer zu kaufen:-) Für das Gefängnis selber kauft man fast obligatorisch eine Audioführung mit und die bringt einem das Gefangenenleben auf Alcatraz näher. Es ist zwar keiner von Alcatraz entkommen, aber es haben schon einige ihr Leben bei Ausbruchversuchen gelassen, nicht nur Gefangene, sondern auch Aufseher. Bei der Enge des Gebäudes und der Zellen, wundert es mich, dass hier keine Revolte passiert ist. Beim Weg über die Insel kann man auch die Natur und den Blick auf SF bewundern.
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Blick zur Downtown
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Alcatraz
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Alcatraz
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Am Fisherman's Wharf ist das Touristenessen wohl eine "clam chowder in a bread bowl" (Krabben- o.ä. suppe in einem französichen Brot als Teller). Das ist das erste Mal, dass ich die Amis umweltbewusst sehe, schliesslich nehmen sie keinen Plastikteller. Trotzdem ist das ganze lecker:-)
Gut gestärkt mache ich mich auf den Weg zur Japantown, schliesslich ist die auch groß in meinem Stadtplan gekennzeichnet, aber bis auf einen Turm gibt es nicht viel zu sehen. Der Weg zu den Twin Towers ist mir dann doch zu weit, so dass ich mich auf den Weg zurück mache. Hierbei fällt mir auf, dass nirgendswo Bänke stehen. Als ich endlich einen Park beim Civic Center entdecke und hoffe mich niederlassen zu können, muss ich feststellen, dass die einzigen Bänke dort eingezäunt sind. Davor steht ein Schild, Erwachsene haben nur Zutritt mit Begleitung von Kinder, irgendwie verkehrte Welt, aber auf die Art und Weise versucht man wohl sich die Obdachtlosen vom Hals zu halten. Die lassen sich aber nicht davon beeinflussen, schliesslich ist es nicht verboten sich auf dem Rasen niederzulassen;-)

 

 
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